Das Buch des “Dr. Wo”

Mit dem obigen Kürzel umging ich im März 2020 spaßeshalber den „Wodarg-Filter” in einem mittlerweile stillgelegten Internet-Forum. Die Namensähnlichkeit mit einem James-Bond-Bösewicht unterstrich scherzhaft den zweifelhaften Ruf, den Wolfgang Wodarg zu der Zeit für viele hatte und leider immer noch hat, die Zensur per Wortfilter war typisch für die Bemühungen derjenigen, die ihm diesen Ruf anzudichten versuchten – darunter eben auch der sich “jung und naiv” gebende Betreiber des besagten Forums.

Vor wenigen Wochen erschien nun Dr. Wolfgang Wodargs Buch “Falsche Pandemien”. Zur Erinnerung: Der ehemalige Amtsarzt, ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete und im März 2020 gerade frisch geschasste Vorsitzende von „Transparency Deutschland“ war einer der ganz wenigen sich öffentlich äußernden Fachleute, die den Schwenk der veröffentlichten Meinung von “Corona ist nur eine Grippe” (1) zu “Corona ist eine tödliche Gefahr” (2) nicht mitgegangen sind. Er hat dafür viel Schelte bekommen von Fachkollegen, ehemaligen Weggefährten und von sogenannten “Faktencheckern”. Wodarg selbst schreibt von einer Warnung, die er von einem bekannten Journalisten damals erhalten habe, dass man “seinen Ruf zerstören” wolle. Dass selbst regierungskritische und linksorientierte TV-Magazine wie der ARD-”Monitor” zu der Zeit versuchten, ihn und seine Äußerungen zu diskreditieren, indem man ihn mit „Fake News und Verschwörungstheorien“ in Verbindung brachte (3), lässt diese Warnung durchaus plausibel erscheinen.

Daher kann einen die geringe Resonanz, die Wodargs Bestseller (zeitweise Platz 1 der SPIEGEL-Liste) jetzt bei Rezensenten erhalten hat, überraschen. Andererseits auch nicht – sein Beitrag zum öffentlichen Diskurs ist nicht gewollt, warum also sollte man sich mit seinem Buch befassen? Die einzige Rezension, die ich bei der Vorbereitung meines hier vorliegenden kleinen Aufsatzes gefunden habe, stammt vom Kulturredakteur der „Rheinischen Post“:

„Er hätte uns in der Krise ein exzellenter Begleiter sein können. Seine Eloquenz ist bestechend, und als Arzt und Gesundheitspolitiker verfügt er über Erfahrung im Umgang mit Seuchen.

Doch irgendwann ist mit Wolfgang Wodarg etwas geschehen, das sich selbst Freunde nicht erklären können. Bei dem 1947 in Itzehoe geborenen Mediziner zeigten sich Zeichen einer Radikalisierung. Schon im März 2020 beschloss der Vorstand von Transparency International, einer Nichtregierungsorganisation gegen Korruption, Wodargs Mitgliedschaft ruhen zu lassen; die Kollegen störten sich an „Äußerungen zum Corona-Virus auf zum Teil antidemokratischen und verschwörungstheoretischen Plattformen“. Seitdem bedient Wodarg einschlägige Positionen, deren Anhänger ihn für eine seriöse Quelle halten.“ (4)

Nun ja. Die ersten beiden Sätze sind absolut zutreffend. Der Rest der Rezension könnte auch von einem der staatstragenden “Faktenchecker” des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stammen, ergänzt durch Zitate von der anonymen Verleumdungsplattform “Psiram”.

Richtig ist, dass man Wodargs Positionen zumindest zum Teil mittragen sollte, um das gut 400 Seiten starke Buch über „Falsche Pandemien“ mit Gewinn zu lesen. Zu diesen Positionen gehört, dass Coronaviren schon immer da waren, dass sie den meisten von uns aufgrund einer in der Kindheit erlernten Immunität nichts Ernsthaftes anhaben können und dass dies aufgrund der engen Verwandtschaft der Coronaviren auch für die „neuartige“, SARS-CoV-2 genannte Variante samt deren Mutationen gilt.

Dem gegenüber steht die unter anderem von den Professoren Drosten und Wieler oft wiederholte These, dass wir über keinerlei Immunität gegenüber dem neuen Virus verfügen und diese nur durch Impfung erlangen können. Angesichts von über 40 Prozent asymptomatisch Infizierten (eine Zahl, die gerade erst durch ein repräsentative Studie der Uni Mainz bestätigt wurde (6) ), d.h. Menschen, deren Immunsystem so gut mit dem „neuartigen“ Virus klarkommt, dass sie es nach erfolgter Infektion vollständig abwehren und daran nicht erkranken, die Infektion nicht einmal bemerken, muss ich nicht lange überlegen, welche der beiden „einschlägigen Positionen“, die von Prof. Drosten oder diejenige von Dr. Wodarg, ich überzeugender finde.

Wodarg beschreibt im Buch seine Erfahrungen mit Seuchen, mit denen er sowohl als Fach- und Amtsarzt, als auch als Politiker zu tun hatte. Dazu gehören u.a. BSE, SARS, MERS, Ebola und Vogelgrippe; ein eigenes Kapitel ist der Schweinegrippe gewidmet und der Rolle der WHO beim Versuch, diese harmlose Grippewelle – unter anderem durch geänderte Kriterien – zur globalen Pandemie aufzublasen, gegen die massenhaft angeimpft werden müsse. Es ist ganz wesentlich Wodargs Engagement zu verdanken, dass die bereits eingekauften und auch damals nur per Notzulassung freigegebenen Impfstoffe hierzulande nur wenigen verabreicht wurden und sich die Schäden durch Nebenwirkungen (u.a. in Schweden wurde bei Geimpften eine Häufung der Krankheit Narkolepsie beobachtet) somit in Grenzen hielten. Sogar Karl Lauterbach musste im Nachgang der Schweinegrippe eingestehen, dass der Großeinkauf des Impfstoffs „Tamiflu“ ein Fehler war und trat in 2014 dafür ein, weitere geplante Ankäufe zu stoppen (7).

Ein Kapitel ist den Viren im Allgemeinen gewidmet und den Erkältungsviren im Besonderen. Wodarg betont, dass die winterlichen Grippewellen von einem Mix verschiedener Virenstämme verursacht werden und dass Coronaviren daran schon immer beteiligt waren. Man habe ihnen allerdings wenig Aufmerksamkeit gewidmet, weil gegen sie, anders als gegen die Influenzaviren, kein Impfstoff verfügbar war – der kommerzielle Anreiz für eine Beschäftigung mit Coronaviren fehlte bislang. Die aktuelle Fixierung auf ein einziges Coronavirus und dessen Mutationen bezeichnet Wodarg als absurd. Dies kritisiert er auch an der ansonsten verdienstvollen Arbeit des Stanford-Wissenschaftler John Joannidis, dessen Studie zur Ermittlung der Infektionssterblichkeit für Covid-19 (global 0,24 % und 0,04 % für unter 70-Jährige) auf Ergebnisse kommt, die ähnlich sind wie bei der „normalen“ Grippe, für die üblicherweise 0,1 % genannt werden.

Die technische Grundlage für den „Krieg gegen einen Joker“ (8), also gegen den sich ständig verändernden „neuartigen“ Coronavirus, bildet der von Prof. Drosten entwickelte PCR-Test. Wodarg wiederholt im Buch seine oft geäußerte Kritik an diesem von der WHO trotz fehlender Validierung hastig zum Nachweis von SARS-COV-2 freigegebenen Verfahren. Er bezieht sich dabei u.a. auf ein Review mehrerer namhafter Autoren, die als Konsequenz aus ihrer Analyse fordern, das den Test beschreibende Corman/Drosten-Papier solle wegen seiner vielen Unzulänglichkeiten zurückgezogen werden. Immerhin wurde die WHO inzwischen vorsichtiger und weist auf eine Tücke aller derartigen Tests hin: Je seltener eine Krankheit auftritt, umso größer wird der prozentuale Anteil falsch positiver Ergebnisse.

Aber was war los in Norditalien? Die schlimmen Bilder und Berichte aus Kliniken und von Särge abtransportierenden Militärlastern in Bergamo lieferten die Begründung für Vorsichtsmaßnahmen im Frühjahr 2020 auch bei uns. Inzwischen sehen wir ein bisschen klarer, was dort damals geschah, und zwar u.a. dank der mit Fachleuten aus der dortigen Region geführten Interviews des von Anwälten initiierten „Corona-Ausschusses“, dem Wodarg beratend zur Seite steht: Aufgrund einer anfänglichen Überlastung der kaputtgesparten Krankenhäuser, wie sie dort in jeder schwereren Grippe-Saison vorkommt, wurden Covid-Kranke in Pflegeheime verbracht. Ein Irrsinn und das genaue Gegenteil von „Risikogruppen schützen“ – natürlich wurde die Situation dadurch massiv verschlimmert. Hinzu kam, dass Tote einer neuen Verordnung zufolge nicht mehr einfach begraben werden, sondern verbrannt werden mussten, was zu einer Überlastung der Krematorien führte. Ein Verantwortlicher rief dann das Militär, um einen Transport von 60 gestauten Särgen zu erledigen, in einer einmaligen Aktion. Die Bilder davon gingen um die Welt…

Möglicherweise, so Wodarg, sorgte auch hierzulande der Pflegenotstand, der schon lange besteht und der durch das Ausdünnen des arbeitsfähigen Personals mittels ungeeigneter und häufig falsch positive Ergebnisse liefernder Tests noch verschärft wurde, für ähnliche Verschlimmerungen einer in jedem Winter wiederkehrenden angespannten Situation. In die Presse geschafft heben es damals die katastrophalen Zustände in einem Marburger Pflegeheim, möglicherweise war dies aber nur die Spitze eines Eisbergs aus ähnlichen Fällen (9). Das könnte die im Winter 2020/2021 beobachtete Übersterblichkeit in einigen Regionen hierzulande erklären, denn Viren sind eigentlich nicht wählerisch, was ihre Verbreitungsgebiete angeht. Ausschlaggebend sind Wodarg zufolge der Gesundheitszustand der Bevölkerung und, bei kleinteiliger Betrachtung, der des jeweiligen Individuums, sowie der Zustand des Gesundheitssystems.

Weitere Themen sind die Impfung (interessant: Der Unterschied zwischen absoluter und relativer Risikoreduktion. Bei einer immer noch sehr selten auftretenden Krankheit wie Covid-19 ist die absolute Risikoreduktion winzig, viel kleiner jedenfalls als die von den Konzernen und ihren Lobbyisten auf allen Kanälen verbreiteten Wirksamkeitszahlen von über 90 % (10) ), sowie Vorschläge zur Neugestaltung des (gesundheits-)politischen Betriebs nach der Krise. Man muss nicht allen Gedankengängen Wodargs zustimmen, insbesondere wenn er versucht, die Ereignisse in einen größeren Kontext einzuordnen. Ist „Corona“ und sind die Maßnahmen dagegen Teil eines lange vorbereiteten Plans, oder nur die Reaktionen überforderter und verängstigter, teils auch davon profitierender Politiker? Je länger die Krise dauert und je mehr wir bezüglich eines Endes der Grundrechtseinschränkungen vertröstet werden, von „wenn ein Impsftoff verfügbar ist“ über „wenn jedem ein Impfangebot gemacht wurde“ und „wenn 60 Prozent geimpft sind“ zu „wenn 85 oder 90 Prozent geimpft sind“ – und das bei nachweislich mindestens 40 Prozent, die ohne jede Impfung bereits immun sind –, desto plausibler erscheint die Vermutung, dass es um mehr geht als um ein Virus, auch um mehr, als Gewinne für die Pharmaindustrie zu generieren. Insbesondere natürlich weil dies auf Kosten großer Teile der übrigen Wirtschaft, aber auch des gesellschaftlichen Lebens und der Kultur geschieht. Man muss kein „Verschwörungstheoretiker“ sein oder ein „Covidiot“ um das, was das Weltwirtschaftsforum WEF mit „The Great Reset“ umschreibt und was dessen Gründer Klaus Schwab höchstselbst mit seinem Buch in einen Kontext zu „Corona“ stellt, um dies also ernst zu nehmen und wie Wodarg darin die eigentliche Triebfeder der Pandemie und vor allem der mit ihr begründeten Maßnahmen zu vermuten.

Fazit: Eine gut lesbare Sammlung von Wissen zu verschiedensten Aspekten der Corona-Krise aus Sicht von einem, der bereits mit ähnlichen Ereignissen, den beteiligten Institutionen und teilweise sogar einzelnen Protagonisten zu tun hatte und in “Corona” den (vorläufigen) Höhepunkt einer ganzen Reihe von “falschen Pandemien” sieht. Die Kontinuität der Ereignisse von SARS über die Schweinegrippe zu “Corona” macht die Skepsis nachvollziehbar, mit der Wodarg dem Hype um das “Virus aus Wuhan” von Anfang an begegnet ist und die ihm den Ruf des “Verharmlosers” oder gar “Leugners” eingebracht hat. Dazu eine persönliche Anmerkung: Ich fand im März 2020, dass Dr. Wodarg beispielsweise im Interview mit Milena Preradovic etwas zu forsch über die Schreckensnachrichten in Bergamo hinweg gegangen ist (11), verstehe aber jetzt seine aus der Erfahrung resultierende prinzipiell skeptische Haltung gegenüber dem neuen Virus-Hype. Zumal sich bei nachträglicher, genauer Betrachtung die schlimmen Bilder aus Bergamo ja erklären lassen, siehe weiter oben. Sie haben viel mit von Menschen begangenen Fehlern zu tun – das wahrscheinlich mehr, als mit einem Virus.


Quellen und Links:

(1) “Es ist nur eine Grippe“:

Heute Show, Januar 2020:

(1) “Es ist nur eine Grippe” auch bei Terra X, Ende Januar 2020:

(2) Leschs “tödliche Bedrohung für weite Teile der Bevölkerung”, Ende März 2020:

(3) ARD-Monitor: „Fake News und Verschwörungstheorien“, April 2020:

Dazu auch Karl Lauterbach: “Wolfgang Wodarg erzählt “blanken Unsinn” zu Corona – das sind Fake News!”, 18.03.2020:

(4) Buchkritik: “Der Arzt, der zum Leugner wurde”:

https://rp-online.de/panorama/coronavirus/wolfgang-wodarg-buch-falsche-pandemien-ist-unserioes-rezension_aid-59833057

(5) Drosten: „Hier haben wir ein ganz neues Virus vor uns. Niemand ist hier immun.“ im Januar 2021:

(6) „So ist eine der Kernaussagen der Studie, dass mehr als 40 Prozent aller mit SARS-CoV2 Infizierten nicht von ihrer Infektion wissen.“, Juli 2021:

https://www.unimedizin-mainz.de/presse/pressemitteilungen/aktuellemitteilungen/newsdetail/article/aha-regeln-und-testen-als-pandemiebremse.html

(7) Lauterbach und Tamiflu in 2014:

https://www.spiegel.de/spiegel/vorab/karl-lauterbach-will-den-kauf-von-grippemittel-tamiflu-stoppen-a-964080.html

(8) „Krieg gegen einen Joker“:

https://multipolar-magazin.de/artikel/krieg-gegen-einen-joker

(9) Ausnahmezustand in Marburger Altenheim unter Kontrolle

https://www.hessenschau.de/panorama/ausnahmezustand-in-marburger-altenheim-unter-kontrolle,corona-altenheim-marburg-100.html

(10) „Extrembeispiel: Therapiegruppe und Kontrollgruppe umfassen jeweils 10000 Personen aus der Allgemeinbevölkerung. Getestet werden soll, ob ein Medikament das Risiko verringert, an einer bestimmten Krankheit zu sterben. In der Therapiegruppe stirbt 1 Person von 10000 an der Krankheit, in der Kontrollgruppe 2 von 10000 Personen. Der Hersteller kann nun mit gutem mathematischen Recht sagen, dass sein Medikament das Risiko, an der Krankheit zu sterben, um 50 % verringert – bezogen auf die relative Risikoreduktion. In der Praxis wäre ein solcher Unterschied aber kaum relevant.”

https://de.wikipedia.org/wiki/Relative_und_absolute_Risikoreduktion#Absolute_Risikoreduktion

(11) Wodarg im März 2020 über die Situation in italienischen Krankenhäusern:

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