7 Milliarden Menschen impfen – und dann wird alles gut?

Am 12. April gab Bill Gates den ARD-Tagesthemen ein denkwürdiges Interview. Diese knapp zehn Minuten…

…sind auf mehreren Ebenen interessant. Zum einen, weil man merkt, wie beseelt der Mann von dem Gedanken ist, mit seinen Milliarden der Menschheit etwas Gutes zu tun. Zum anderen, weil die ARD ein großes Interesse daran zu haben scheint, dieses Bestreben zu fördern. Als Außenstehender mag man sich denken: Ist das, was Bill Gates für etwas Gutes hält, denn auch richtig? Und umgekehrt: Ist das, was Bill Gates für richtig hält, auch wirklich gut? Insbesondere als Nutzer seiner Software – und das ist wohl jeder von uns – kann man diesbezüglich durchaus geteilter Meinung sein und würde sich als gebührenzahlender Fernsehzuschauer wünschen, dass der ARD-Interviewer dem ehemaligen Microsoft-Chef und dessen Enthusiasmus über seine selbstgewählte Berufung zum Impf-Papst mit einer gewissen Skepsis gegenüberträte.

Nicht so Ingo Zamparoni in den Tagesthemen. Der ARD-Journalist übt sich in freiwilliger Selbstbeschränkung und reduziert seine Rolle auf die des bloßen Stichwortgebers. Eine knapp formulierte Frage des Moderators, darauf folgt ein Monolog von Gates. Die nächste Frage – der nächste Monolog. Kritisches Hinterfragen? Fehlanzeige. Dabei hätte es mehr als einmal Anlass dazu gegeben – spätestens dann, wenn Gates davon spricht “wir” würden sieben Milliarden Menschen impfen: Wer ist “wir” – und warum so viele?

Es gibt verschiedene Ansätze, Impfstoff für die Massen herzustellen. Die Chinesen setzen dabei auf das bewährte Prinzip des im Labor angezüchteten Totimpfstoffs:

„Both China and SinoPharm have invested heavily in a tried-and-true technology — an “inactivated” vaccine made by growing the whole virus in a lab and then killing it, which is how polio shots are made. Leading Western competitors use newer, less proven technology to target the “spike” protein that coats the virus.“

https://apnews.com/93a7be6c6ac427e6211074ab9cfc9dbc

Problem: Die damit in absehbarer Zeit herstellbaren Mengen reichen niemals aus, um relativ kurzfristig Bill Gates‘ Plan zu erfüllen und sieben Milliarden Menschen durchzuimpfen. Der Wirkstoff muss dafür mit Adjuvanzien, also Wirkverstärkern, „gestreckt“ werden. Diese Zusatzstoffe stellen oft ein größeres Problem dar bezüglich der Verträglichkeit als der Wirkstoff selbst; im Fall der Schweinegrippe-Impfung werden europaweit mehr als achthundert Fälle von Narkolepsie mit dem damals verwendeten Wirkverstärker in Zusammenhang gebracht (1).

Wir dürfen wohl davon ausgehen, dass die aktuellen Tests noch ohne Adjuvanzien gefahren werden; man will sich ja das Ergebnis nicht vermasseln. Insbesondere die Chefetage von SinoPharm dürfte den puren Stoff bekommen. Diese Zweiklassengesellschaft kennen wir noch von der Schweinegrippe – sofern wir die Erinnerung daran nicht verdrängt und die damaligen Warner mundtot gemacht haben (2), (3).

Die deutschen Firmen Curevac und Biontech gehen mit der sogenannten „Messenger-RNA“ einen anderen Weg: Das zeit- und ressourcenintensive Anzüchten der Virenbestandteile wird einfach vom Biotechnik-Labor in den menschlichen Organismus verlagert. Dieser produziert nach Erhalt der mRNA die Virenbestandteile, die zur Antikörperproduktion anregen sollen, selbst, anstatt dass sie ihm von außen zugeführt werden:

mRNA steht für Messenger-RNA, zu Deutsch: Boten-Ribonukleinsäure. Sie hat in jedem Organismus die Aufgabe, Transkripte des genetischen Codes vom Zellkern zu den Ribosomen zu transportieren, die auf Basis dieser Daten dann ein bestimmtes Protein produzieren. Eine Impfung mit Messenger-RNA würde anders als ein herkömmlicher Impfstoff kein komplettes Antigen, sondern nur die Bauanleitung für Teile davon enthalten.

Im Falle des Coronavirus geht es um das Spike-Protein, das dem Erreger sein stacheliges Aussehen verleiht. Mit Hilfe von Nanopartikeln soll die synthetisierte RNA in den Körper geschleust werden, wo die Ribosomen ihre genetischen Informationen auslesen und daraufhin die Virenbausteine produzieren – gegen die das Immunsystem dann Antikörper entwickeln soll, die bei einer Infektion mit dem Virus dessen Ausbreitung verhindern

https://www.fr.de/wissen/corona-impfstoff-coronavirus-heilung-keine-eile-sicherheit-13762059.html

Der oben fett markierte Text macht den Unterschied aus zwischen mRNA-basierten Impfstoffen und traditionellen Methoden wie Lebend- oder Totimpfstoffen. Und natürlich besteht genau darin, nämlich in der „Umprogrammierung“ menschlicher Zellen zur Produktion von Virenbestandteilen, das Risiko dieses Verfahrens. Man muss kein Genie sein um auf die Idee zu kommen, dass solch ein Vorgang viel schwerer zu kontrollieren ist als die simple Verabreichung einer bestimmten Menge eines inaktiven Virus oder von dessen Bestandteilen, wie das bei der traditionellen Impfung der Fall ist.

Der viel pragmatischere Ansatz wäre natürlich, auf das Impfen aller – oder wie Jens Spahn kürzlich erst wieder gesagt hat: von zwei Drittel der Bevölkerung – zu verzichten und sich auf die Impfung der Risikogruppen und/oder derer, die mit diesen regelmäßigen Kontakt haben, zu konzentrieren. Man käme dann mit viel weniger Wirkstoff aus und könnte auf Adjuvanzien oder wenig erprobte Verfahren wie mRNA verzichten. Erstaunlich, dass diese Variante überhaupt nicht zur Diskussion zu stehen scheint.

Corina meint, sie brauche die Corona-Impfung nicht. Ich stimme ihr da zu: Wenn überhaupt ein funktionierendes Mittel gefunden wird, dann sollte das ohne riskante Bestandteile wie Adjuvanzien und mRNA auskommen und für diejenigen reserviert sein, die darauf dringend angewiesen sind. Wenn Bill Gates seine Milliarden darauf verwenden würde, sollte es mir recht sein.


(1) https://www.reuters.com/article/us-narcolepsy-vaccine-adjuvant-idUSBRE91708V20130208

(2) https://www.youtube.com/watch?v=0Rml0oXAmTc

(3) https://www.youtube.com/watch?v=gQAnb4F5Hxw